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Faszinierende Fakes im Schloss Schadau.

Was heute in der Politik und anderswo auf immer unverschämtere Art praktiziert wird, war schon beim Bau des Schlosses Schadau in Thun gross in Mode: Fake. Allerdings sind die historischen Fälschungen von erheblichem Charme.

Den Gips wie Marmor oder Eichentäfer aussehen lassen. Metallelemente, die erst auf den dritten Blick offenbaren, dass sie aus Holz bestehen. Eine wunderschöne Ledertapete – aus Papier: Wahrlich, wer durch das Schloss Schadau schweift, erlebt sein blaues Wunder. Und fragt sich unvermittelt: Hatten die Bauherren damals einfach nicht genügend Kleingeld zur Hand, um mit derart dreisten Fälschungen profanes Material in fürstlich wirkende Oberflächen zu verwandeln?

Mitnichten. Schlossherr Abraham Denis Alfred de Rougemont-de Pourtalès und Gattin Sophie waren überaus gut betucht. Sie hätten sich Marmor, Eiche und weitere kostspielige Materialien problemlos in rauen Mengen leisten können. Aber: Zu jener Zeit galt es ganz einfach als ausgesprochen chic, formvollendete Fälschungen einzubauen. Also luden Alfred und Sophie die Meister dieser Disziplin nach Thun ein, auf dass sie dem Schloss Schadau eine kunst- und lustvoll verspielte Innenhaut angedeihen liessen.

Ein schönes Beispiel für dieses Kunsthandwerk – das heute von Restauratoren in Kleinstarbeit wiederhergestellt wird – sind die Marmor-Imitate im Korridor des 1. Obergeschosses. Hier finden sich auf engem Raum acht verschiedene «Marmortypen». Sogar die damals üblichen Standardgrössen der Marmorplatten wurden mittels «Fugen» imitiert. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Die als Fälschung taxierten Ledertapeten im Rougemontsaal sind echt. Sie wurden lange irrtümlicherweise Paul Balin zugeschrieben, dem Meister der Ledertapeten aus Papier. Der Mann musste später von Armut bedroht seine exklusiven Patente verkaufen, was eine Flut von Kopien auslöste. Man konstatiert: Auch Fakes werden gefakt!

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